ogsaTAGUNG 2019: Panel 5

Caring Communities für Menschen mit Unterstützungsbedarf als Weg zur Inklusion? Evaluation einer innovativen Wohnform der Lebenshilfe Tirol. [Eva Fleischer, Sabine Kröll, Magdalena Meindlhumer]
Beschreibung Die Lebenshilfe Tirol hat im Jahr 2016 ein Wohnhaus für Menschen mit Unterstützungsbedarf aufgelöst, seitdem wohnen acht Menschen mit Unterstützungsbedarf jeweils zu zweit in Wohnungen in einer städtischen Wohnsiedlung in Hall in Tirol. Die Assistenz ist zwar 24h vor Ort, hat jedoch eine separate Wohnung als Basis. Die neue Wohnform soll Menschen mit Behinderungen mehr Selbstständigkeit und Selbstbestimmung im Sinne der Behindertenrechtskonvention ermöglichen. Zudem soll mit dem Wohnkonzept Inklusion gefördert werden und die BewohnerInnen in die sozialräumliche Gemeinschaft mit einbezogen werden.
Ziel der Untersuchung, die im Rahmen eines Lehr/Lernforschungsprojektes im Masterstudiengang Soziale Arbeit, Sozialpolitik- und Management von Oktober 2017 bis Juni 2018 erfolgte, war die Erforschung der Wirkungen dieser Wohnform auf die BewohnerInnen, MitarbeiterInnen sowie den Sozialraum.
Die Studie wurde in einem Mixed-Methods Ansatz umgesetzt. Im Sinne der inklusiven Forschung wurde die Forschungsgruppe von einem Peer-Berater der Lebenshilfe Tirol beraten und unterstützt. Die Perspektive der BewohnerInnen wurde durch halbstandardisierte Leitfadeninterviews, bei denen der Leitfaden mit Leichter Sprache sowie Piktogrammen adaptiert wurde, dokumentiert. Auf der MitarbeiterInnenebene wurden zwei Gruppendiskussionen sowie ein Leitfadeninterview mit der Leitung durchgeführt. Die Perspektive des Sozialraums wurde durch eine Fragenbogenerhebung erhoben, 666 Fragebögen wurden ausgeteilt, die Rücklaufquote betrug 27,6% .
Zentrales Ergebnis ist, dass diese Wohnform für die BewohnerInnen ein Mehr an Selbstbestimmung und einen Zuwachs an Kompetenzen ermöglicht. Die neue Selbstverantwortung wird z. T. ambivalent bewertet. Die MitarbeiterInnen und die Organisation müssen eine neue Balance zwischen Unterstützung, Kontrolle und Zulassen von Selbstbestimmung finden, dies ist persönlich und organisatorisch herausfordernd. Der nachbarschaftliche Kontakt ist eher sporadisch, nachbarschaftliche Hilfe gering. Alle BewohnerInnengruppen äußern Wünsche zur Infrastruktur.
Fazit: Diese innovative Wohnform hat das Potential, Selbstbestimmung zu fördern, dies erfordert allerdings neue Herangehensweisen bei allen Beteiligten. Für die Entwicklung einer Nachbarschaft hin zu einer Caring Community benötigt es darüberhinaus gezielte Interventionen durch Soziale Arbeit im Sozialraum und sowie adäquate Infrastrukturen.
Vortragende Eva Fleischer, Sabine Kröll, Magdalena Meindlhumer
Kurzbeschreibung Vortragende Prof. (FH) Mag.a Dr.in DSA Eva Fleischer:
Professorin am Department Soziale Arbeit am Management Center Innsbruck
Forschungssschwerpunkte u. a. Care/Sorge im Bereich der Sozialen Arbeit (bezahlte / unbezahlte Sorgearbeit, Sorgeethik, Sozialarbeit im multiprofessionellen Team und in der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft) , Social Justice / Menschenrechte, partizipative/inklusive ForschungSabine Kröll, BA:
Studierende am Masterstudiengang "Soziale Arbeit, Sozialpolitik und Sozialmanagement" am Department Soziale Arbeit am Management Center InnsbruckMagdalena Meindlhumer, BA
Studierende am Masterstudiengang "Soziale Arbeit, Sozialpolitik und Sozialmanagement" am Department Soziale Arbeit am Management Center Innsbruck
Konzept Angehörigendialog zur Ressourcenstärkung pflegender Angehöriger von an Demenz erkrankten Personen. [Johannes Pflegerl]

Download Beitrag zur Tagungsdoku:

Konzept Angehörigendialog zur Ressourcenstärkung pflegender Angehöriger von an Demenz erkrankten Personen. [Johannes Pflegerl]

Beschreibung Erst seit kurzem wird der Lebenssituation von Angehörige von an Demenz erkrankten Personen in Österreich vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Bestehende Instrumente zur Angehörigenberatung, stammen vorwiegend aus der Pflegewissenschaft und konzentrieren sich sehr stark auf Defizite und Belastungen. In Kooperation mit der Volkshilfe Österreich wurde deshalb ein innovatives, neben Belastungen vor allem auf Ressourcen fokussierendes sozialdiagnostisches Konzept zur Durchführung und Auswertung für Gespräche mit Angehörigen in diesem Kontext entwickelt. Das Konzept Angehörigendialog findet in zwei Phasen statt: Vorgesehen ist in einem Erstgespräch die persönlichen Ressourcen und Belastungsfaktoren von pflegenden Angehörigen anhand eines strukturierten Gesprächsleitfadens zu erheben. Die pflegende Person wird als Co-Produzent*in aller Daten aktiv einbezogen. Im Anschluss an das Erstgespräch erfolgt eine Auswertung zentraler Gesprächsinhalte sowie eine Visualisierung mit dem Ziel, passgenaue Unterstützungsmöglichkeiten zu identifizieren. Im Zweitgespräch erfolgt gemeinsam mit den Angehörigen eine Interpretation der Erkenntnisse aus dem Erstgespräch sowie eine gemeinsame Diskussion über mögliche Lösungen und Hilfen zur Entlastung der Angehörigen.
In einem 2018 durchgeführten Forschungsprojekt wurde das Konzept im Burgenland getestet und analysiert, welche Adaptionen erforderlich sind, um es zu einem standardisierten Instrument zu machen. Dazu erfolgte eine begleitende Dokumentation der in 76 durchgeführten Beratungen gemachten Erfahrungen der Berater*innen. Parallel wurden 39 leitfadengestützte Telefoninterviews mit Angehörigen über ihr Einschätzung des Unterstützungspotentials des Konzeptes durchgeführt. Abschließend erfolgte eine Gruppendiskussion mit sieben ausgewählten Berater*innen, um die erzielten Ergebnisse dialogisch zu vertiefen. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass das bestehende Konzept geeignet ist, zentrale für die Situation von betreunden Angehörigen relevante Themenstellungen zunächst strukturiert zu erheben und auf Basis der Visualisierung in einem Zweitgespräch zu vertiefen. Adaptionen umfassten neben einer Präzisierung von Fragestellungen im Leitfaden, einzelne Verbesserung der Visualisierung sowie die Erarbeitung von Vorschlägen zur Vorbereitung der Berater*innen. Damit hat das Konzept das Potential zu einem standardisierten Instrument für die Beratung von Angehörigen von an Demenz erkrankten Personen zu werden.
Vortragender Johannes Pflegerl
Kurzbeschreibung Vortragender Leiter des Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten
Leiter der AG Altern und Soziale Arbeit der OGSA
Forschungsschwerpunkt Soziale Arbeit mit älteren Menschen und ihren Angehörigen
Akademische Peer-Beratung: Notwendigkeit, Herausforderung und Innovation. Oder: das Schaf im Schafspelz. [Martin Gössl, Daniela Sprenger]

Download Beitrag zur Tagungsdoku:

Akademische Peer-Beratung: Notwendigkeit, Herausforderung und Innovation. Oder: das Schaf im Schafspelz. [Martin Gössl, Daniela Sprenger]

Beschreibung Mit der Akademische Peer-Beratung an der FH JOANNEUM gelingt es zum ersten Mal an einer Hochschule, betroffene Menschen mit Behinderung(en) und unterschiedlichen Bildungshintergründen in einem Programm zu BeraterInnen auf Peer-Ebene auszubilden. In drei Semestern stehen Selbstreflexion, Kompetenzerwerb und praktische Erfahrung im Fokus der Ausbildung, um zwanzig Personen am Ende das Rüstzeug für eine professionelle Peer-Beratungstätigkeit vermittelt zu haben.
Doch was umfasst dieses Projekt, welches durch öffentliche Gelder des Landes Steiermark finanziert wurde im Detail? Was bedeutet Peer-Beratung in diesem akademischen Setting?
Sowohl facheinschlägige Expertise aus der Sozialen Arbeit, wie auch entsprechende Studien aus dem angloamerikanischen Raum haben gemeinsam mit der Einbeziehung von Selbstbetroffenen dazu beigetragen, ein Curriculum in Anwendung zu haben, welches den drei Schwerpunkten - Selbstreflexion, Kompetenzerwerb und praktische Erfahrung – gerecht werden versucht.
Die Ergebnisse dieses Designs zeigen sich nun in den Umsetzungsschritten: Selbstreflexion und Supervision, Praktika aber eben auch Beratungskompetenzen in einem Peer-Counseling-Format formen die TeilnehmerInnen in diesem berufsbegleitenden Lehrgang.
Die Akademische Peer-Beratung konnte mit 5. Oktober 2018 mit 20 TeilnehmerInnen starten und schon jetzt zeigen sich erste Erfolge. Doch was sind diese Peer-BeraterInnen nun genau? Gar Wölfe im Schafspelz gegenüber anderen Professionen? In der Tat sind Peer-BeraterInnen Professionistinnen/Professionisten, die aufgrund ihrer Betroffenheit Beratungen auf einer Peer-Ebene erlebbar machen und damit doch auch nur Schafe, die sich hinter einem Schafspelz verbergen.
Vortragende Martin Gössl, Daniela Sprenger
Kurzbeschreibung Vortragende FH-Prof. Mag. Dr. Martin Gössl, :
Dozent (FH) am Institut für Soziale Arbeit an der FH JOANNEUM - University of Applied Sciences. Historischer Anthropologe (Gender, Queer und Diversity Studies) mit einem Forschungsschwerpunkt auf queere Subkulturen und gesellschaftliche Machtsphären einer aktuellen Zeit.
W.: www.martinjgoessl.jimdo.comDSA Daniela Sprenger:
Hochschullektorin am Institut für Soziale Arbeit an der FH JOANNEUM - University of Applied Sciences. Sozialarbeiterin mit langjähriger Erfarhung in der Beratung als auch in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung(en).
Nothing about us without us! Empowerment gegen die Exklusion von Demenzbetroffenen [Gabi Hagendorfer-Jauk, Kai Brauer]
Beschreibung Sind Demenzbetroffene menschenrechtlich geschützt und wer tritt für deren Rechte ein? Es scheint so zu sein, dass starke Altersverwirrtheit für die Umwelt nicht nur als disfunktional angesehen wird, sondern als Bedrohung von geregelten Abläufen. Die Folge ist, dass solche Erscheinungen aus dem Alltag verbannt werden sollen und Demenzbetroffene somit heute in der Regel Exkludiert sind. Wie sie und die Umwelt vor ihnen damit „geschützt“ werden soll, erinnert fatal an die Art, mit der früher „Aussätzige“ und „Gemeingefährliche“ behandelt wurden. Angehörige sollten diese unentgeltlich und möglichst nach Außen unauffällig betreuen, anderenfalls waren Anstalten für die Unterbringung Widerspenstiger zuständig. Da heute die Einbettung von Dementen in gewohnten Lebenswelten als förderlich erkannt wurde, haben sich eine Reihe von Initiativen gegründet, die praktische Hilfen und Unterstützungen organisieren. Sie fördern auch die Akzeptanz der Betroffenen in lokalen Communities, verbreiten „dementische“ Kenntnisse. Sie stoßen dabei nicht immer auf Gegenliebe bei den sich zuständig fühlenden Administrationen. Es stellt sich die Frage welche Hilfe von der Sozialen Arbeit hier geboten werden kann, welche Erfolge zu verbuchen sind und mit welchen Hindernissen zu rechnen ist. Am Projekt Demenzfreundliche Gemeinde Moosburg (DfGM) können einige mögliche Wege und Etappen nachgezeichnet werden, die auf der Ebene der Gemeinwesenarbeit möglich sind.
Vortragende Gabi Hagendorfer-Jauk, Kai Brauer
Kurzbeschreibung Vortragende Dr. Gabi Hagendorfer-Jauk:
- Projekt DfGM
- Aufbau des ISAC am IARA, dort mehrere sozialräumliche Projekte
- Spezialistin für Altenwohnen, und Pflege
- vorher Studien zu DepressionenFH-Prof. Dr. Kai Brauer:
- Leiter des ISAC am IARA
- Soziologe
- GWA und Sozialkapital
- Professor für Alter/Altern an der FH Kärnten seit 2011
- AG Altern der ogsa